Unter die Lupe genommen: Lebenslagen älterer Menschen im Landkreis Mittelsachsen

Fokusbericht Älterwerden im Landkreis Mittelsachsen im Kooperationsprojekt „Aufbau einer Sozialberichterstattung“ veröffentlicht. 

Kooperation als Gewinn

Seit 2014 arbeiten Wissenschaftlerinnen der Fakultät Soziale Arbeit eng mit der mittelsächsischen Landkreisverwaltung, insbesondere dem Bereich der Integrierten Sozialplanung, zusammen. Das Kooperationsprojekt „Entwicklung bzw. Aufbau einer Sozialberichterstattung für den Landkreis Mittelsachsen“ unterstützte den Landkreis beim Aufbau eines kleinräumigen Sozialmonitorings als Baustein einer kommunalen Sozialberichterstattung und begleitet kontinuierlich die Weiterentwicklung. Sozialberichterstattung klärt darüber auf, wie sich Lebenssituationen und gesellschaftliche Teilhabechancen in einem bestimmten Gebiet entwickeln, wo soziale Problemlagen entstehen können und welche Bedarfe sich bezüglich der Versorgung mit sozialer Infrastruktur ergeben. Mit der Veröffentlichung des 1. Sozialberichts (2017) und des 2. Sozialberichts als Fortschreibung (2020) wurden Grundsteine für die Integrierte Sozialplanung im Landkreis geschaffen. Aus dieser Planung heraus entwickelte Maßnahmen können die Lebenssituation der Bevölkerung in den 53 kreisangehörigen Kommunen verbessern und die Region für eine dauerhafte Lebensperspektive attraktiv gestalten.

Daten für Taten

Mit dem im Oktober 2022 veröffentlichtem Fokusbericht Älterwerden im Landkreis Mittelsachsen wird der sozialwissenschaftliche Blick auf die derzeit am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe gelegt: Perspektivisch wird im Landkreis circa ein Drittel der Bevölkerung 65 Jahre und älter sein. Bei gleichzeitigem Rückgang der Gesamtbevölkerung werden das im Jahr 2035 etwa 92.150 Frauen und Männer sein – 5.200 mehr als heute. Projektleiterin Prof. Dr. Isolde Heintze verdeutlicht die Notwendigkeit der inhaltlichen Auseinandersetzung zu diesem Thema: „Der Bericht bildet die Basis dafür, inhaltliche Fragen und Themen des Älterwerdens im Landkreis Mittelsachsen aufzuwerfen, sich damit auseinandersetzen und mit Blick in die Zukunft die Sozialplanung für diesen Bereich entsprechend voranzubringen.“ In Anlehnung an die Struktur der Sozialberichte werden in vier sogenannten Handlungsfeldern –Demografie, Finanzen und Einkommen, Immaterielle Lebenslagen und Soziale Teilhabe – die unterschiedlichen Lebenslagen von Seniorinnen und Senioren anhand ausgewählter Daten und Fakten betrachtet. Diese Entwicklungen können in Beiträgen des Blogs soziales.mittelsachsen.gemeinsam.machen nachgelesen werden. 

Gelungene Praxis – Bereichernde Forschung

Darüber hinaus werden Best Practice-Beispiele im Bericht dargestellt und vielfältige Impulse für die zukünftige Entwicklung gegeben. Die Fakultät Soziale Arbeit ist dabei ein wichtiger Akteur, forscht langjährig zur Thematik Alter und entwickelt Angebote: Eine an der Fakultät durchgeführte Machbarkeitsstudie hat zur Implementierung des Pflegesorgentelefons geführt. Über eine Telefonhotline können anonym und kostenfrei besondere Situationen im Pflegekontext besprochen werden. Eine Evaluation des noch als Modellprojekt laufenden Angebots wird derzeit ebenso an der Fakultät durchgeführt. Ein (Groß-)Teil der Bevölkerung in der Altersgruppe braucht keine Alltagsunterstützung, sondern kann unterstützen. Dennoch steigen Bedarfe an Alltagsunterstützung, Mobilität und Pflege mit zunehmendem Alter. U.a. ist Demenz eine Krankheit, die im (hohen) Alter häufiger auftritt. Dieses Thema mit seinen Herausforderungen für Betroffene und Angehörige stärker ins Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken, hatte ein weiteres Projekt zum Ziel. Unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Barbara Wedler wurde im vergangenen Jahr erfolgreich der Fachtag „Kompetenz Demenz“ durchgeführt. Initiative und wissenschaftliche Begleitung zeigt die Fakultät Soziale Arbeit auch bei der „Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz Mittweida“. Lebensfreude durch Tanz spürten Seniorinnen und Senioren, die an den Mittweidaer Seniorenbällen in den vergangenen zwei Jahren teilgenommen haben. Auch hier waren es Lehrende und Studierende der Sozialen Arbeit, die die Vielfalt des Alterns in den Blick nahmen und ein Angebot der Sozialen Teilhabe ins Leben riefen.  

Fokus Teilhabe durch Bildung

In eine gänzlich andere Richtung forschen derzeit 13 Masterstudierende im Rahmen des Kooperationsprojekts von Hochschule und Landkreis. In drei Teilprojekten arbeiten die Studierenden derzeit zu den Fragen: Welchen Stellenwert nimmt das Thema Bildung für ältere Menschen im Landkreis ein, welche Bildungsinteressen und Wünsche hat die Generation, welche Bildungsangebote können genutzt werden und welche sollen ausgebaut werden oder welche Lücken oder Hindernisse sind vorhanden, um sich im Alter weiterzubilden. Die Ergebnisse werden mit dem Ende des Wintersemesters 2022/23 erwartet.

Ausblick

Der Fokusbericht informiert, sensibilisiert und lädt ein, Zukunft gemeinsam zu denken und aktiv zu gestalten. Angesprochen sind dabei besonders Kommunalpolitik, Sozialverwaltung und soziale Dienstleister, aber auch jede und jeder Einzelne: Was braucht es in Zukunft für eine alters- und alternsfreundliche Gesellschaft? An welchen Stellschrauben muss ggf. gedreht werden, um eine gute Versorgung zu gewährleisten, mobil zu bleiben oder Erfahrungen und Wissen länger mit anderen teilen zu können. 

 

Autorinnen: Tabea Esche und Friederike Haubold