Soziale Arbeit trifft Serviço Social

Mittweidaer Studentin recherchiert in Portugal für ihre Bachelorarbeit.

Im Rahmen der Bachelorarbeit zum Thema „Junge Portugiesen zwischen Schule und Berufseinstieg vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und sozialen Krise“ reiste ich im vergangenen September nach Portugal, um mir wiederholt vor Ort ein Bild zu machen und um mit Portugiesen verschiedener Professionen über die Situation ins Gespräch zu kommen:

„Also eine Gemeinsamkeit fällt mir gleich ins Auge: der Männeranteil ist bei euch fast genauso hoch wie bei uns...“ - mit diesem Satz begrüßte ich Studentinnen der Sozialen Arbeit an der Universidade Católica (UCL) in Lissabon. Gelächter folgte, das Eis war gebrochen und meine zittrigen Knie wurden etwas ruhiger.
Ein Referat über unsere Fakultät und Soziale Arbeit in Deutschland sollte ich halten, 90 Minuten füllen, auf Portugiesisch. Drei Tage, bevor ich zu Recherchezwecken für meine Bachelorarbeit nach Portugal reisen wollte, erreichte mich die Anfrage zu diesem Vortrag. Abzusagen kam eigentlich nicht in Frage. Graça André, Dozentin an der UCL und eine Kollegin von Prof. Dr. Gudrun Ehlert stand mir sehr unterstützend zur Seite, als ich mich mit der „Situation junger Portugiesen zwischen Schule und Berufseinstieg vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und sozialen Krise“ für meine Abschlussarbeit beschäftigte. Jetzt konnte ich dafür etwas zurückgeben.

So nutzte ich die - für mich vermutlich einmalige - Gelegenheit, mit Studierenden über Soziale Arbeit und die Ausbildung in Portugal und Deutschland ins Gespräch zu kommen. Viele Gemeinsamkeiten zeigten sich in Inhalten und Aufbau des Studiums. So hat auch der Praxisbezug an der Universidade Cátolica, einer der renommiertesten Universitäten Portugals, einen hohen Stellenwert. Die Praktika werden, wie bei uns reflektierend begleitet und helfen beim Einstieg in den Arbeitsmarkt. Der bietet derzeit aber kaum Chancen für Absolventen und viele der jungen Menschen, mit denen ich sprach, wollen ihr Glück im Ausland versuchen. Vorbereitet haben sich einige von ihnen mit Auslandsaufenthalten im Rahmen des ERASMUS-Programms, u.a. auch an der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin.
Mit diesem Vortrag war ich mitten im Thema meiner Bachelorarbeit. Die zehn Tage, die ich im Süden verbrachte, zählen mit zu den intensivsten Lernerfahrungen in meinem Studium. Ich kam mit Sozialarbeiterinnen verschiedener Arbeitsfelder ins Gespräch über Probleme, Möglichkeiten und Grenzen. Ob im Observatório da Juventude, dem portugiesischen Jugendforschungsinstitut oder in der Mensa der UCL, es gab viele Gelegenheiten zur Diskussion über Chancen, die die aktuelle Krise der „Verlorenen Generation“, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen Portugals, bietet oder verbaut.
Die extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit, die Auswanderung junger Akademiker, die Perspektivlosigkeit einer ganzen Generation und der Abbau von sozialstaatlichen Leistungen prägt ein ganzes Land. Ein Ende oder eine Änderung der Situation ist nicht in Sicht.

Doch all diese Begegnungen und Gespräche dazu haben mir für meine Bachelorarbeit wertvolle Anregungen und Inhalte gegeben. Wiederholt konnte ich portugiesische Gastfreundschaft erfahren und neue Kontakte knüpfen. Diese Reise war für mich ein gelungener Studienabschluss und wer weiß, vielleicht wird eine der portugiesischen Studentinnen ja einmal zu einer Kollegin... .
In vielen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit wird zukünftig internationaler gearbeitet werden müssen. Einblicke in andere Gesellschaften können dafür hilfreich sein.

An dieser Stelle kann ich nur alle nachfolgenden Studierenden unserer Hochschule ermuntern, einen Teil des Studiums im Ausland zu verbringen. Das Auslandsamt berät dazu. Die Erfahrungen in der Fremde können unglaublich vielfältig sein. Sie öffnen den Blick und prägen ein Leben lang.