Praktikum in der Türkei

Hallo! Ich heiße Fati Ciftci
und ich habe dieses Jahr einen Monat lang in der Türkei ein Praktikum gemacht. Dies habe ich in einem Seniorenheim in Ankara absolviert.
Die Unterschiede zwischen der deutschen und der türkischen Kultur haben mich schon immer interessiert, da ich zwischen den beiden Kulturen aufgewachsen bin und immer noch aufwachse. Meine Eltern kommen aus der Türkei und ich bin in Deutschland geboren. Aus diesem Grund entschied ich mich für ein Praktikum in der Türkei. Da ich zuvor in Deutschland im Seniorenheim ehrenamtlich tätig war, hielt ich es für wichtig, das Praktikum auch im Seniorenheim abzuleisten, um die Unterschiede sowie die Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Ländern zu sehen und zu erfahren.
Für manche ist es eine schwierige Situation bzw. eine Herausforderung mit alten Menschen zu arbeiten. Ich lege großen Wert darauf, weil ich jedes Mal daran denke, dass ich irgendwann genauso sein werde, irgendwann werde ich nicht mehr selbstständig meine Sachen erledigen können und die Hilfe anderer Menschen benötigen, ich werde irgendwann jemandem zum Plaudern vermissen. Irgendwann werde ich mich hilflos fühlen und vielleicht nur noch auf den Tod warten, weil niemand mir seine Hand reichen wird. Aus diesem Grund müssen wir die Senioren unterstützen damit wir, wenn wir alt werden, auch unterstützt werden. Wir alle möchten zwar groß werden, jedoch möchte niemand von uns alt werden. Es ist ein Lebensabschnitt wovor niemand fliehen oder ihn aus seinem Leben entfernen kann. Deswegen sollte man die alten Menschen, trotz des Alters, trotz der Krankheiten unterstützen und ihnen vielleicht die letzten Jahre des Lebens verschönern und deren Wünsche erfüllen, mit all den Dingen, die sie in der Jugend und im Erwachsenenalter verpasst haben.
Ich wurde herzlich von meiner Praktikumsstelle bzw. von den Mitarbeitern aufgenommen. Im Haus gab es eine Sekretärin, zwei Sicherheitsdienste, eine Sozialarbeiterin und Psychologin, zwei Köchinnen, acht Pflegekräfte, einen Arzt und zwei Arzthelferinnen, einen Friseur und den Fahrdienst.
Es werden Senioren ab 60 Jahren, welche sich eigenständig pflegen können, aufgenommen. Im Haus waren insgesamt 24 Zimmer und ca. 35 Senioren. Manche Senioren haben sich ein Zimmer geteilt und manche hatten ein eigenes. Die meisten Senioren hatten eine Krankheit, wie Diabetes, Blutdruckprobleme, Herzprobleme, Alzheimer, Demenz, Parkinson und Schizophrenie.
Ich war in verschiedenen Feldern tätig. Ich durfte einzelne Gespräche mit den Senioren führen und verschiedene Aktivitäten übernehmen und alleine durchführen, wie Gruppengespräche, Filmnachmittage und Wettbewerbe. Ich habe mit den Alten Spaziergänge und Picknick gemacht. Außerdem haben wir getanzt, gespielt, gesungen, gelesen, gegessen, gebastelt, gestrickt und Sport getrieben. Mir wurde sehr viel Freiraum gegeben, sodass ich meine Wünsche und Ideen zum Teil realisieren konnte. Manchmal hat es wegen dem Finanziellen nicht gereicht und manchmal wegen der nicht vorhandenen Motivation der Alten. Die Senioren waren alle sehr unterschiedlich. Einige haben mich sehr beeindruckt. Eine alte Dame, ungefähr 75 Jahre alt, welche die Krankheit Parkinson hat, brachte mir bei, dass man nicht nur Menschen danken sollte, sondern auch den Dingen, die wir besitzen und die uns das Leben vereinfachen. Sie bedankte sich jeden Morgen bei dem Aufzug und begrüßte die Wände. Ihr Zittern hat sie dank dem Spiel "Okey", ein türkisches Spiel mit Steinen, verringern können und deswegen spielt sie sogar abends alleine und hofft auf weitere Fortschritte.
Ein anderer, der mich sehr beeindruckt hat, war ein alter Herr ungefähr 85 Jahre alt, welcher Diabetes und Blutdruckprobleme hat. Es war Ramadan (Fastenzeit bei den Muslimen) und dieser Herr war am Fasten, obwohl seine Ärzte ihm das seit 35 Jahren verbieten, weil er sonst sterben könnte. Jedoch sagte er: "Meine Ärzte sagen seit 35 Jahren, dass ich nicht Fasten sollte, weil ich sonst sterben könnte. Ich habe es getan und ich lebe immer noch und bin top fit aber die Ärzte selber sind gestorben." Manchmal wissen die Alten besser was ihnen gut tut und was nicht. Und dem Herrn ging es gut, wenn er das für seine Religion tun konnte. Dieser Herr hat mich fasziniert, weil mir meine Religion ebenso wichtig ist und sehr viele Menschen finden Ausreden, um nicht fasten zu müssen: er ist ein Vorbild für solche Menschen, trotz der Krankheiten hat er nicht drauf verzichtet.
Zwar habe ich dort nur vier Wochen Praktikum gemacht aber in den vier Wochen habe ich sehr viel gelernt und mitgenommen. Deswegen ist es mir schwer gefallen, die 28 Tage in einem kurzen Bericht zusammen zu fassen und zu reflektieren. Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass es sehr Spaß gemacht hat und ich mich immer auf den nächsten Tag gefreut habe. Durch Auslandspraktika lernt man zunächst neue Kulturen kennen, wie auch die Unterschiede zwischen den Ländern, deren Probleme und Freude, auf was oder welche Sachen sie einen Wert legen. Man nimmt auf jeden Fall sehr viel Wissen mit und kann sogar seine Sprache dabei verbessern oder eine neue lernen. Aus diesem Grund würde ich jedem empfehlen ein Auslandspraktikum zu machen.

Danke für's Lesen Fati Ciftci :)