Praktikum in Maine

Der erste Bericht aus Maine USA von Claudia Radeck

University of Maine at Machias

Der erste Monat ist nun schon vorüber. Wie versprochen, kommt hier ein kleiner Bericht, der nicht ansatzweise einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt… Dafür ist es einfach viel zu viel, aber vielleicht ermöglicht er einen kleinen Einblick…

Nach fast einem Jahr zähen Kampfes und mühsamen Ringens um einen allen Bedingungen entsprechenden Praktikumsplatz und das dazugehörige Visum saßen wir, meine Tochter und ich, am 14.04.2014 nun endlich im Flieger von Frankfurt nach Boston, und das große Abenteuer konnte beginnen. Die Formalitäten am Flughafen waren auf beiden Seiten zügig und völlig problemlos erledigt. Der Flug war dank des vielseitigen, individuell wählbaren Fernsehprogramms sehr kurzweilig.

Vom Flughafen in Boston aus fuhren wir nach dem langen Flug mit einem Mietwagen noch ca. 1 Stunde gen Norden nach Portsmouth, wo wir dann endlich im Hotel die wohlverdiente Ruhe fanden. Am zweiten Tag stürmten wir die Kittery-Outletstores, um noch ein paar Dinge zu besorgen, die wir wegen des begrenzten Fluggepäckgewichtes nicht mitbringen konnten. Am nächsten Tag ging es weiter gen Norden, wo wir nach 6 Stunden Autofahrt am Flughafen in Bangor von Dr. Lori, unserer Kontaktperson aus der Uni in Machias, Maine, abgeholt wurden. Nach weiteren zwei Stunden Autofahrt gen Osten und einer ersten Stippvisite in der zukünftigen Schule meiner Tochter gelangten wir an unserer Wahlheimat für die nächsten drei Monate, in Cutler, an. Dr. Loris Haus steht fast direkt am Ozean. Vom Bett aus kann ich auf die Ozeanbucht gen Westen blicken und die Sonnenuntergänge sehen. Wir leben hier wie in einem Feriendorf – ruhig, im Grünen, ein paar kleine Häuser, zwei Straßen, ein kleiner Shop mit Tankstelle und natürlich der Ozean mit seinen Gezeiten und der Küste mit ihrem rauen Charme.

Bereits ein Stündchen nach unserer Ankunft begann der „Alltag“ – es ging zum Aquazumba in die Uni nach Machias. Das tat gut nach dem vielen Sitzen… Anschließend schauten wir auch gleich noch bei einem der Musikprofessoren vorbei, um für mich eine Ukulele auszuleihen, damit ich im Ukuleleclub der Uni mitspielen kann. Eine erste Kostprobe bekam ich dann auch prompt zwei Tage später, als ich mich bei einem Auftritt in einem nahegelegenen Seniorenheim wiederfand – ohne davor das Instrument auch nur ausgepackt zu haben, weil noch so einiges zu organisieren war… Das war ein Spaß… Zum Glück gab es jemanden, der eine gleich gestimmte Ukulele spielte, so dass ich ihm auf die Finger schauen und einigermaßen mitspielen konnte. Meine Devise lautete: einfach mitmachen, Spaß haben und die anderen möglichst wenig „stören“…

Und wenn wir schon mal bei den Freizeitaktivitäten sind – außer den beiden genannten gehen wir auch noch regelmäßig zum Uni-Chor. Dort sind Leute aus der Studentenschaft, aber auch Profs und Leute aus der Gemeinde Machias. Das Repertoire ist sehr breit gefächert – von der kompletten Schubert-Messe in F über altenglische Lieder bis hin zu Pete Seegers „Sag mir, wo die Blumen sind“… Wirklich abwechslungsreich, damit die Studenten während des Semesters möglichst viel Verschiedenes kennenlernen… Des Weiteren nutzen wir vor allem natürlich die Wochenenden, um die wunderschöne Landschaft zu erkunden. Auch Canada ist nicht weit weg, so dass wir an Ostern auf einen Eisbecher hinüberfuhren. Auf dem Weg dorthin kamen wir am östlichsten Punkt des amerikanischen Festlandes vorbei.

An einem anderen Wochenende fuhren wir in den Acadia Nationalpark auf den Cadillac Mountain. Von dort oben hatten wir einen ausgezeichneten Rundblick auf den Ozean und die vielen vorgelagerten Inseln. Beim Blick in Richtung Osten haben wir mit ausgestreckten Armen allen Lieben in der Heimat gewunken… Anschließend ging es nach Bar Harbour in ein Fischrestaurant gleich am Wasser. Frischer kann der Fisch gar nicht sein…

Nun mal zum „Ernst des Lebens“… Mein Praktikum (ein zusätzliches Praktikum im Rahmen des Studiums „Soziale Arbeit“ in Roßwein) findet im Marshall Healthcare LLC Pflegeheim in Machias statt.

Ich schaue einer Frau über die Schulter, deren Job sich „Activity Director“ nennt. Wir haben nichts Vergleichbares in Deutschland. Es wird also interessant zu sehen, wie diese Stelle ausgefüllt wird. Was ich bis jetzt gesehen habe, ist, dass sie jede Menge Lebensfreude, menschliche Wärme und Abwechslung in den sonst sicherlich recht eintönigen Alltag der Bewohner bringt. Des Weiteren sammle ich Informationen für meine Bachelorarbeit zum Thema Implementierung der Palliative Care- und Hospizkultur in die Altenpflegepraxis. Dafür werde ich unterschiedliche Einrichtungen besuchen und mich mit verschiedenen Mitarbeitern unterhalten. In einem Veteranenheim war ich schon. Die Veteranen der verschiedensten Kriege spielen in der Gesellschaft eine ganz andere Rolle als bei uns in Deutschland. Allein schon, dass es solche Heime gibt, ist für uns ja schon interessant… Mal sehen, was es in den anderen Einrichtungen so alles zu erfahren gibt.

Eine spannende Zeit hier…, auch für meine Tochter, die in eine ganz kleine Schule (direkt am Ozean) geht. Vom Klassenzimmerfenster aus kann sie über die weite Bucht auf das Meer hinausschauen. In ihrer Klasse sind 10 Schüler – sieben Sechstklässler und drei Achtklässler. Als einzige Siebtklässlerin schließt sie quasi die Lücke. Allein die Fahrt mit dem amerikanischen Schulbus ist schon kultig… Am Vormittag beschäftigen sie sich mit Mathe und Naturwissenschaften bei der einen Lehrerin, am Nachmittag geht es um Sprache und Sozialwissenschaften bei der zweiten Lehrerin – jeden Tag. In Mathe schreibt jeder Schüler erst einmal seinen Rechenweg auf ein eigenes Whiteboard, bevor die richtige Lösung sauber ins Heft geschrieben wird. Außerdem bekommt jeder Schüler einen Apple-Laptop von der Schule, um ihn in der Schule zu nutzen. Neulich lernten sie, darauf kleine Spiele zu programmiere. Das fanden natürlich alle echt super… In der Schule ist also wirklich alles anders als in der gewohnten deutschen Schule. 

Soviel erst einmal für heute. Wir sind gespannt auf alles, was uns in den nächsten Wochen noch erwartet und melden uns in ca. 1 Monat wieder mit neuen Eindrücken und sicher auch Fotos...
Viele Grüße nach good old Germany, Claudia und Michaela